Glass Industry News

Dünnglas in der Architektur: erste Anwendungen starten

, glasstec

Das Thema „Dünnglas“ stieß bei der vergangenen glasstec und ihrer Sonderschau „glass technology live“ auf hohes Fachbesucherinteresse, speziell für neue Anwendungen in der Architektur. Wie der Stand der Technik ist, wo die Grenzen liegen und welche Anwendungen bereits zum Jahresende zu erwarten sind, hat der Autor für die glasstec in Forschung und Industrie nachgefragt: Daniel Pfarr (TU Dresden), Peter Nischwitz (Glaston) und Bernhard Hötger (Hegla) gaben Auskunft.

Dünngläser werden immer relevanter, um das Gewicht von Glasbauteilen zu reduzieren: Schlankere Isolierglasaufbauten ermöglichen im Fenster- und Fassadenbau leichtere, ressourcenschonende Konstruktionen mit kleinerem CO2-Footprint. In der energetischen Sanierung können schlanke Dreifachaufbauten künftig technisch veraltete Zweifachisoliergläser ersetzen, bei gleichzeitiger Erhaltung der Rahmen und Profile. Auch für gebogene Elemente hat Dünnglas Vorteile, es kann sehr viel leichter kalt- oder montagegebogen werden, ein Vorteil für die optischen Eigenschaften (weniger Verzerrungen) und auch ein Kostenvorteil. Als Dünnglas wird Flachglas bereits dann bezeichnet, wenn es weniger als 3 Millimeter dick ist. Bis zu 2 Millimeter dünnes ESG und bis zu 1 Millimeter dünnes, thermisch verfestigtes Glas wird in speziellen Hochkonvektionsöfen durch gleichmäßiges Erhitzen und besonders schnelles Abkühlen erzeugt. Nur bis zu dieser normativen Dicke kann bislang thermisch vorgespannt werden – aber mit dem großen Vorteil, Bandmaße oder bei einigen Herstellern sogar übergroße Verglasungen verarbeiten zu können. Noch dünnere Gläser, die bislang in technischen Anwendungen wie der Displayglasindustrie zuhause sind, werden chemisch vorgespannt, stehen aber bislang nur in geringeren Abmessungen zur Verfügung. Sie werden, z.B. für Smartphones, aus extrem dünnen Basisgläsern gelasert, bearbeitet und abschließend chemisch vorgespannt. Aus chemischer Sicht ist dieses Dünnglas ein Borosilikatglas, das sich im Vergleich zur klassischen Kalknatronscheibe bei gleicher Dicke durch eine höhere Belastbarkeit und Wärmebeständigkeit auszeichnet. Diese Materialeigenschaften machen die Verarbeitung von sehr dünnem Glas erst möglich. Durch die geringe Materialstärke ergeben sich jedoch höhere Anforderungen an das Handling, den Weitertransport und die Kantenqualität im Zuschnitt.

Erste Hersteller bieten jetzt chemisch gehärtete Dünngläser (0,5 - 0,7 Millimeter) an, die speziell auf bauphysikalische Ansprüche ausgerichtet und besonders widerstandsfähig sind, zum Beispiel Corning mit ihrem „Advanced Technical Glass“ (ATG). Es soll schlankere, leichtere Fensterkonstruktionen mit Drei- und Vierfachverglasungen, Verbundglaskonstruktionen und Verbundstapel, z.B. für smarte Verglasungen ermöglichen, mit hoher optischer Qualität und kratzfester Oberfläche. Die verfügbare Blattgröße von 2.200 x 3.200 Millimeter macht sie jetzt für den Isolierglasbau relevant.


An welchen Dünnglasanwendungen wird geforscht?

Zum Thema Dünnglasanwendungen forscht unter anderem das Institut für Baukonstruktion der Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden. Dipl.-Ing. Daniel Pfarr, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fakultät, sieht großes Potenzial für den Einzug von Dünnglas in Architekturanwendungen. Dünnglas als Mittelscheibe in Dreifach-Isolierglas ist nur eine davon: „Wer bislang annahm, Dünnglas müsse sich als Mittelscheibe stark verformen, irrt. Durch den meist gleichmäßigen isochoren Druck der beiden angrenzenden Scheibenzwischenräume werden Verformungen durch Klimalasten im Vergleich zu äußeren Einwirkungen wie Wind vernachlässigbar. Durch können sehr hohe Festigkeiten der Oberfläche erzielt werden, unabhängig von der Glasdicke. Einschränkung sind die begrenzt verfügbaren Formate sowie der Preis. Das in der Isolierglasherstellung bislang übliche thermische Vorspannen, das den großen Vorteil der Verfügbarkeit ganzer Bandmaße oder sogar übergroßer Verglasungen besitzt, erreicht bei so dünnen Scheiben den notwendigen Gradienten nicht, also den notwendigen Temperaturunterschied zwischen dem Kern und den Oberflächen der Scheibe.“ Der Kern und äußere Bereiche liegen beim Dünnglas näher aneinander als bei normalem Floatglas mit beispielsweise vier oder sechs Millimeter Dicke, darum stellt sich beim Abkühlen keine so ausgeprägte Druckspannung an der Glasoberfläche ein und das Glas wird nicht so stark vorgespannt. In einem Forschungsprojekt mit Solling Glas forscht die Universität daran, bis zu welchen Glasdicken thermisches Vorspannen noch technisch umsetzbar ist: „Wir erreichen inzwischen sehr hohe Festigkeiten sowie ein der Norm entsprechendes Bruchbild für ESG bis 2,6 Millimeter, marktüblich sind drei Millimeter. Wir verändern im Vorspannprozess die Parameter der Anlage, kühlen das Glas schneller ab, um höhere Vorspannungen zu erreichen. Mit diesen Maßnahmen sollen zukünftig Gläser bis zu 1,1 Millimeter zuverlässig vorgespannt werden.“
 

Im Falle einer Veröffentlichung freuen wir uns über ein Belegexemplar und/oder einen Link zu unserer Website: glasstec.de

Eine zweite interessante Anwendung, die das Institut untersucht, sind Dünnglasverbundelemente mit transparentem Kunststoffkern, die künftig als Leichtbauteil in Vorhangfassaden eingesetzt werden könnten: „Der transparente Kern ist extrem leicht und der Hebel für die Ressourceneinsparung groß, optisch gibt es kaum Einschränkungen – Tageslichttransmission, U-Wert, g-Wert und ähnliche Eigenschaften müssen jedoch noch genauer untersucht werden. Auch kaltgebogene Dünnglaselemente mit hoher Aussteifung wären hiermit vorstellbar.“

Die dritte Anwendung an der Pfarr und seine Kollegen forschen, sind Dünnglas-Verbundelemente mit additiv gefertigten Kernstrukturen: „Wir verbinden kaltgebogene Dünngläser mit 3D-gedruckten Strukturen.

Hiermit lassen sich ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten umsetzen, die Aussteifung geschieht über den Sandwich-Effekt. Durch die Hohlräume zwischen der 3D-gedruckten Struktur entstehen Scheibenzwischenräume mit vergleichbaren thermischen Effekten wie bei Isolierglas. Dieses Konzept ist aber noch in der Entwicklung, vor allem, was die Belastbarkeit und Dauerhaftigkeit durch Temperatureinwirkung und UV-Strahlung angeht“, erläutert Pfarr.
 

Handling: Dünnglas auf der Isolierglaslinie?

Erste Isolierglasaufbauten mit einem 0,5 Millimeter dünnen Mittelglas werden voraussichtlich Ende 2025 auf den Markt kommen, wie Peter Nischwitz, Marketing Manager bei Glaston Germany, bestätigt. „Wir sehen großes Potenzial für schlanke Dreifachglas-Aufbauten mit Dünnglas-Mittelscheibe, die technisch veraltete Zweifachverglasungen in gut erhaltenen Rahmen ersetzen können – per Glastausch.“ Auf der glasstec 2024 stellte das Unternehmen ein neues Fertigungsverfahren für entsprechende Isolierglaseinheiten vor, die mit dem neuen ATG-Glas von Corning bestückt wurden. Nischwitz erläutert: „Herkömmliche Methoden der Isolierglasfertigung haben sich mit dem ultradünnen Mittelglas als ungeeignet erwiesen, darum haben wir eine neue Technologie entwickelt und im Herbst 2024 patentiert

Unsere neue und vollautomatisierte TPS-Linie (Thermo Plastic Spacer) minimiert die Belastung des Mittelglases und reduziert das Bruchrisiko, auch im Mischbetrieb. Erste Anlagen sind bereits in den USA im Einsatz und es laufen die Vorbereitungen für die Installation bei einem der großen Isoliergashersteller in der DACH-Region.“ In einem herkömmlichen Dreifach-Isolierglasaufbau schließen alle Scheiben parallel auf der Unterkante ab. Ist die Mittelscheibe aber nur 0,5 Millimeter dünn, entstünde auf ihrer Unterkante eine zu hohe Last, die stets eine exzellente Kantenbearbeitung voraussetzen würde, um das Bruchrisiko zu minimieren. Die Dünnglas-Mittelscheibe ist darum im neuen TPS-System etwas kürzer als die beiden Außenscheiben und wird leicht zurückgesetzt vollständig in den thermoplastischen Abstandhalter nebst Sekundärversiegelung eingebettet.
 

Die Beschickung und der Zuschnitt der Dünngläser erfolgt auf Anlagen von Hegla, in einem automatisierten Gesamtablauf, um Beschädigungen durch manuelles Handling zu vermeiden. Geschäftsführer Bernhard Hötger gibt einen Einblick in die Details: „Das Auflegen kann zum Beispiel mit einer speziell angepassten Flurbeschickung und entsprechendem Saugerabstand erfolgen. Ein durchgehend flächiges Transportband ersetzt auf der Schneidanlage den typischen Filzbelag und bietet Rutschsicherheit. Sensoren erfassen die Scheibenposition, sodass ein händisches Ausrichten entfällt.
 

Ein Spezialschneidkopf ritzt dann die Gläser, damit wir eine besonders homogene Schnittkante erzielen, die für die Folgebearbeitung unerlässlich ist. Die geschnittenen Scheiben werden von der Schneidanlage über einen Kipptisch in ein Fach systemgesteuert eingestellt. Die Glasentnahme und -übergabe zur Isolierglaslinie erfolgt ebenso automatisiert, sodass Kantenbeschädigungen weitestgehend ausgeschlossen werden.“
 

Die entstehenden Dreifach-Isoliergläser mit ultradünnem Mittelglas können so schlank wie Zweifachisolierglas aufgebaut werden und verbessern den Ug-Wert, verglichen mit Zweifach-Isolierglas, abhängig von der Low-E-Beschichtung und dem Füllgas, laut Glaston um bis zu 20 Prozent. Der Einsatz der gewichts- und ressourcensparenden Isoliergläser bietet sich vor allem im Wohnbau und der energetischen Sanierung an, oder wenn zum Beispiel schwere Schiebefenster und -Türen entlastet werden sollen, die gewichtsbedingte Schließprobleme haben.

Die glasstec 2026 ist vom 20. bis 23. Oktober 2026 in Düsseldorf erneut die zentrale und impulsgebende Leitmesse für den Austausch über Zukunftsthemen in der Glasbranche. Die Messe bringt mit der Sonderschau „glass technology live“ und der angeschlossenen „glasstec conference“ Forschung, Hersteller und Anwender zusammen, die die Zukunft mitgestalten wollen.

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